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Zahl der Verkehrsunfälle und Verkehrsunfalltoten auf Rekordtief

Zahl der Verkehrsverletzten steigt, liegt aber unter Niveau vor Coronapandemie

- Erschienen am 20.02.2023 - Presemitteilung Gemeinsame Pressemitteilung

Potsdam – Die Zahl der Verkehrsunfälle und der Verkehrsunfalltoten ist im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand in der Geschichte des Landes Brandenburg gesunken. Im Jahr 2022 zählte die Polizei 71.396 Verkehrsunfälle und 112 Verkehrsunfalltote auf Brandenburgs Straßen – das sind 1.055 Unfälle und 15 Unfalltote weniger als im Jahr zuvor. Dagegen wurden 10.538 Verkehrsverletzte registriert, 479 mehr als im Vorjahr. Das geht aus der vorläufigen Verkehrsunfallbilanz hervor, die Innenminister Michael Stübgen, Verkehrsstaatssekretär Rainer Genilke und Polizeipräsident Oliver Stepien heute in Potsdam vorgestellt haben.

Michael Stübgen: „Die Verkehrsunfallbilanz 2022 weist mehr Licht als Schatten auf. Noch nie gab es so wenige Verkehrsunfälle und Verkehrsunfalltote wie im vergangenen Jahr. Dagegen stieg die Zahl der Verkehrsverletzten zwar wieder an – sie bleibt aber unter dem Niveau der Zahlen vor der Coronapandemie. Trotz der insgesamt positiven Entwicklung bleibt es eine gesellschaftliche Kernaufgabe, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Es muss alles getan werden, um vermeidbare Verkehrsunfälle zu verhindern. Alle an der Verkehrssicherheitsarbeit Beteiligten müssen ihre Maßnahmen im präventiven, verkehrsinfrastrukturellen sowie im repressiven Bereich unvermindert fortführen. Verkehrssicherheitsarbeit dient dem Schutz aller.“

Rainer Genilke: „Verkehrssicherheitsarbeit ist eine Daueraufgabe, in die das MIL seit Jahren vielseitig und stetig investiert: in Infrastrukturmaßnahmen, in die Unterstützung und Vernetzung der Akteure und in die Landeskampagne „Lieber sicher. Lieber leben.“ Ich freue mich, dass wir mit dem Doppelhaushalt 2023/2024 unser Engagement auf hohem Niveau verstetigen und teilweise sogar ausbauen können. Wenn es darum geht, den Straßenverkehr noch sicherer zu machen, sind aber alle gefragt, das Land, die Kommunen, die vielen Akteure der Verkehrssicherheit und die Verkehrsteilnehmenden. Die Unfallzahlen zeigen erneut, dass das größte Potential bei jedem und jeder Einzelnen liegt. Mit Vorsicht und Rücksicht aufeinander kommen wir sicher an unser Ziel.“

Oliver Stepien: „Erneut weniger Verkehrsunfalltote auf Brandenburgs Straßen ist eine sehr gute Nachricht. Geschwindigkeit, Vorfahrt und Abstand bleiben die Hauptunfallursachen im Land Brandenburg. Neben unseren präventiven Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit werden wir in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf die Verkehrsüberwachung insbesondere außerhalb geschlossener Ortschaften legen, denn dort verzeichneten wir die meisten tödlichen Verkehrsunfälle.“

Verkehrsaufkommen im Jahr 2022 in Brandenburg

Wesentliche Daten des Unfallgeschehens 2022 (in Klammern Zahlen aus 2021 und Veränderung gegenüber Vorjahr)

Die Zahl der Verkehrsunfälle ist im vergangenen Jahr entsprechend der vorläufigen Bilanz (Stand 16.01.2023) auf 71.396 Unfälle gesunken (72.451 Unfälle; - 1,5 %). Dabei wurden 10.538 Menschen verletzt (10.059 Menschen; +4,8 %). 112 Menschen sind bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen (127 Getötete; - 11,8 %).

Die häufigste Unfallursache ist wie im Vorjahr das Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes mit 6.846 Unfällen (6.959 Unfälle; -1,6 %), gefolgt von den Unfallursachen Geschwindigkeit mit 4.866 Unfällen (5.345 Unfälle; -9,0 %), Vorfahrt mit 4.344 Unfällen (4.365 Unfälle; -0,5 %) und Abbiegen mit 2.364 Unfällen (2.442 Unfälle; - 3,2 %), sowie Überholen mit 2.220 Unfällen (2.300 Unfälle; -3,5 %), Alkohol mit 1.186 Unfällen (1.050 Unfälle; +13,0 %) und Drogen mit 225 Unfällen (206 Unfälle; +9,2 %).

Zwar ist die Zahl der Verkehrsunfalltoten aufgrund überhöhter Geschwindigkeit von 61 auf 57 gesunken, aber diese Ursache liegt weiter deutlich vor allen anderen Unfallursachen. Stark angestiegen zum Vorjahr ist die Zahl der Verkehrsunfalltoten durch die Ursache Alkohol (um sechs auf 11) und Überholen (um sieben auf 17).

Im Hinblick auf die Verkehrsunfälle nach den Örtlichkeiten wurden im vergangenen Jahr innerorts 47.640 Unfälle erfasst (47.375 Unfälle; +0,6 %). Außerorts waren es 17.805 Unfälle (18.879 Unfälle; -5,7 %) und auf den Bundesautobahnen 5.951 Unfälle (6.197 Unfälle; -4,0 %). Dabei starben 65 Menschen auf Landstraßen (80 Verkehrsunfalltote; -18,8 %) und 27 Verkehrsteilnehmende innerhalb geschlossener Ortschaften (28; -3,6 %). 20 Menschen verunglückten tödlich auf Bundesautobahnen (19; +5,3 %). In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit für die Autobahnen auf den Bund übergegangen ist.

Innerorts wurden 6.640 Menschen verletzt (6.277 Verletzte; +5,8 %), auf Landstraßen 2.589 Menschen (2.669 Verletzte; -3,0 %) und auf Bundesautobahnen 1.309 Menschen (1.113 Verletzte; +17,6 %).

1.208 Verkehrsunfälle endeten mit einem Aufprall an Bäumen (1.455 Unfälle; - 17,0 %), daraus ergaben sich 551 Unfälle mit Personenschaden. Insgesamt wurden 705 Personen verletzt (744 Verletzte; -5,2 %) und 36 Personen (52 Getötete; - 30,8 %) getötet. Damit starb jeder Dritte der Verkehrsunfalltoten des Jahres 2022 bei einem Baumunfall.

Die Zahl der Verkehrsunfälle mit Kindern ist auf 708 Unfälle gestiegen (680 Unfälle; +4,1 %). Dabei verunglückten insgesamt 920 Kinder (868 Kinder; +6,0%), davon 410 Kinder als Mitfahrer (377 Kinder; +8,8 %). Ein Kind starb aufgrund eines Verkehrsunfalls (2 Kinder; -50,0 %), 919 Kinder wurden verletzt (866 Kinder; +6,1 %).

Junge Erwachsene (18 bis einschließlich 24 Jahre) verursachten 6.108 Verkehrsunfälle (6.544 Unfälle; -6,7 %). Derweil sank die Zahl der Unfälle mit Personenschaden geringfügig auf 893 Unfälle (896 Unfälle; -0,3 %). Die Zahl der Unfalltoten stieg auf 15 (8 Getötete; +87,5 %), die Zahl der Verletzten sank auf 1.186 (1.215 Verletzte; -2,4 %).

Bei Unfällen mit Seniorinnen und Senioren (Altersgruppe 65+) ist die Zahl auf 17.267 gestiegen (16.326 Unfälle; +5,8%). Hierbei wurden 71,6 % oder 12.361 dieser Unfälle durch Seniorinnen und Senioren selbst verursacht. Das sind 611 Unfälle mehr als im Vorjahr (11.750 Unfälle). Es wurden 33 Menschen dieser Altersgruppe getötet (45 Getötete; -26,7 %). 1.908 Personen der über 65-Jährigen wurden verletzt (1.723 Verletzte; +10,7 %).

Unfälle mit Radfahrerinnen und Radfahrern sind auf 3.879 Unfälle gestiegen (3.626 Unfälle; +7,0 %). Mehr als die Hälfte (2.014 Unfälle) wurden durch Fahrradfahrende selbst verursacht. Unter Beteiligung von Fahrradfahrende wurden 2.973 Unfälle mit Personenschaden (2.828 Unfälle; +5,1 %) polizeilich erfasst, bei denen 2.981 Fahrradfahrer verletzt (2.859 Verletzte; +4,3 %) und 19 getötet (18 Getötete; +5,6 %) wurden.

Unfälle mit Fußgängern sind auf 835 gestiegen (783 Unfälle; +6,6 %). Mehr als jeder dritte wurde durch den Fußgänger selbst verursacht (294). Insgesamt wurden 648 Fußgänger verletzt (579 Verletzte) und sieben (8 Getötete) getötet. Folglich sank die Zahl der getöteten Fußgänger um 12,5 %. Wohingegen die Zahl der verletzten Fußgänger um 11,9 % anstieg.

Unfälle mit Motorradfahrenden sind auf 1.192 gestiegen (1.150 Unfälle; +3,7 %). Motorradfahrende verursachten über die Hälfte (647) der Verkehrsunfälle selbst. In der Gesamtheit wurden 735 Personenschadensunfälle registriert (687 Unfälle; +7,0 %). Die Zahl der getöteten Motorradfahrer blieb wie im Jahr 2021 unverändert bei 15 Getöteten. Ebenfalls unverändert wie im Jahr zuvor starben zwölf der 15 getöteten Motorradfahrer bei selbstverursachten Unfällen.

Die Beteiligung des Güterverkehrs an Verkehrsunfällen ist mit 10.397 Unfällen im Vergleich zum Vorjahr um 9,5 % gesunken (11.489 Unfälle). Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden hat sich auf 930 erhöht (873 Unfälle; +6,5 %). Die Zahl der Verkehrsunfalltoten sank auf 27 (31 Getötete; -12,9 %). Auf den Autobahnen wurden 2.125 Verkehrsunfälle mit Güterfahrzeugen verzeichnet (2.445 Unfälle; - 13,1 %). Somit wurden 279 Personenschadensunfälle registriert (260 Unfälle; +7,3 %). Die Zahl der Verkehrsunfalltoten unter Beteiligung von Güterkraftfahrzeugen auf Bundesautobahnen ist auf 13 (15 Getötete; -13,3 %) gesunken. Dementsprechend sind 65,0 % der Getöteten auf Bundesautobahnen durch Unfälle mit Güterkraftfahrzeugen zu verzeichnen.

Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit

Die Verkehrssicherheitsarbeit des MIL basiert unter dem Dach des Verkehrssicherheitsprogramms der Landesregierung auf den 3 Säulen Infrastruktur und Technik, Unterstützung und Vernetzung der Akteure sowie Kampagnenarbeit.

Im Bereich Inftrastruktur sind bei allen Straßen- und Radwegebauprojekten eine verkehrssichere Gestaltung und Planung und eine geeignete Verkehrslenkung Standard. Zudem unterstützt das MIL seit 1992 die Brandenburger Kommunen bei der Schul- und Spielwegesicherung und damit den Bau von Fußwegen, Querungshilfen, Haltestellen oder Beleuchtungsanlagen. 2022 wurden mit dem Programm Fördermittel in Höhe von 600.000 Euro ausgereicht. Für 2023 sind Fördermittel in Höhe von 800.000 Euro vorgesehen. Darüber hinaus investiert das MIL in die Errichtung von Schutzplanken an Bundes- und Landesstraßen. Sie können helfen, tödliche Baumunfälle zu vermeiden. Auch hier sind die Zahlen 2022 erneut zurückgegangen. 2022 wurden über 3 Millionen Euro für die Errichtung von Schutzplanken eingesetzt. Für 2023 sind für den Bau von Schutzplanken über 4 Millionen Euro eingeplant.

Auch moderne Technologien könnnen dazu beitragen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Abbiegeassistenzsysteme beispielsweise warnen Fahrerinnen und Fahrer per akustischem oder optischem Signal vor einer Gefährdung von Verkehrsteilnehmern wie Radfahrerinnen und Radfahrern oder Fußgängerinnen und Fußgängern. Damit können schwere Unfälle beim Rechtsabbiegen verhindert werden. Für die Ausstattung von LKW mit dieser Technik wurden in einem landeseigenen Förderprogramm 250.000 Euro zur Verfügung gestellt. Außerdem sollen alle Fahrzeuge des Landesbetriebes Straßenwesen mit diesen Systemen bestückt werden. 2022 hatte bereits ein Viertel der Betriebsfahrzeuge einen Abbiegeassistenten mit an Bord.

Eine weitere wichtige Säule der Verkehrssicherheitsarbeit des MIL ist die Unterstützung sowie die Vernetzung der vielen Akteure, die mit ihrer täglichen Arbeit dafür sorgen, dass der Verkehr in ganz Brandenburg sicherer wird. Beispielsweise unterstützt das MIL die Landesverkehrswacht dabei, die Fahrradausbildung für Schülerinnen und Schüler und den Landeswettbewerb „Beste/r Radfahrer/in“ in die Fläche zu tragen. Damit ältere Menschen mobil bleiben und insbesondere ihre Fahrkompetenz erhalten und ausbauen können, existieren schon vielseitige Instrumente und Konzepte der Träger der Verkehrssicherheitsarbeit, wie den örtlichen Verkehrswachten oder Fahrschulen. Dieses Engagement fördert das MIL finanziell, zum Beispiel mit den Projekten „Radfahrsicherheit für Senior*innen - Fit mit dem Fahrrad/Pedelec“ oder „Fit im Auto“ der Landesverkehrswacht.

Als dritte Säule der Verkehrssicherheitsarbeit nimmt die Landeskampagne „Lieber sicher. Lieber leben.“ alle Verkehrsteilnehmenden in den Blick, vor allem aber besonders gefährdete Gruppen. Sie klärt über die Risiken im Straßenverkehr auf und möchte jede Einzelne und jeden Einzelnen zu rücksichtsvollem und aufmerksamen Handeln motivieren. Mit verschiedenen Aktivitäten und Formaten, beispielsweise dem ZeBra Theater für Schulen oder Aufklärungsaktionen für sicheres Radfahren, geht die Kampagne auf ihre Zielgruppen zu. 2022 feierte „Lieber sicher. Lieber leben.“ 25-jähriges Bestehen. Damit ist sie die am längsten laufende Kampagne in einem Bundesland. Im Jubiläumsjahr war „Lieber sicher. Lieber leben“ mit zahlreichen Vor-Ort-Veranstaltungen wie dem ZeBra Theater, Filmen in den sozialen Medien oder Bannern multimedial im ganzen Land unterwegs.

Mit Blick auf das Auslaufen des Verkehrssicherheitsprogramms 2024 arbeitet das MIL derzeit an dessen Fortschreibung. Ziel ist es, im Dialog mit Verwaltungen, Verbänden, Unternehmen, Verkehrsteilnehmenden und sonstigen Gremien der Verkehrssicherheitsarbeit ein zukunftsorientiertes Verkehrssicherheitsprogramm 2034 zu entwickeln. Aktuell wird ein Unfallbericht erarbeitet, bestehend aus der Unfalldatenanalyse der Straßenverkehrsunfälle im Zeitraum von 2014 bis 2022. Darauf basierend werden die bisherigen Maßnahmen der Verkehrssicherheit geprüft, Bereiche mit Verbesserungspotential identifiziert und wirksame Ansätze für die Verkehrssicherheitsarbeit intensiviert.