Hauptmenü

Rekrutierung und Ideologisierung: Extremisten entwickeln eigene Videospiele

- Erschienen am 09.12.2020 - Presemitteilung Meldung Verfassungsschutz

Videospiele werden für Extremisten immer wichtiger. Dieses gilt in Deutschland insbesondere für den Rechtsextremismus. Der brandenburgische Verfassungsschutz warnte bereits im September 2019 davor, dass Rechtsextremisten Videospielplattformen gezielt zur Rekrutierung nutzen. Hierfür setzen die Verfassungsfeinde auf ein zweistufiges Verfahren. Die Kontaktanbahnung verläuft zunächst über offene Spieleforen im Internet. Anschließend versuchen Rechtsextremisten die zumeist jungen Spieler in geschlossene Sprach- und Videochats zu locken, um sie dort als Nachwuchs zu gewinnen.

Es muss jedoch festgehalten werden, dass Extremisten das Medium nicht mehr nur zur Rekrutierung, sondern vielmehr auch zur Ideologisierung einsetzen. Aus diesem Grund sind sie mittlerweile auch hierzulande dazu übergegangen, eigene Videogames zu produzieren. Dabei ist vor allem das im September 2020 erschienene Spiel „Heimat Defender – Rebellion“ zu nennen. Ziel ist, die Welt von der Regierung vermeintlicher „Homo-Globalisten“ zu befreien. Hierfür schlüpfen die Spieler in die Rolle realer Akteure der Neuen Rechten. Das sind zum Beispiel führende Vertretern der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“. Sämtliche Levels sind gespickt mit entsprechender Propaganda. Die soll dazu dienen, neben dem Spielen unterschwellig politische Inhalte zu transportieren.

Finanziert wurde das kostenfrei zur Verfügung stehende Videospiel vom in Sachsen ansässigen Verein „Ein Prozent“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz stuft ihn als rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Der Leiter von „Ein Prozent“ gibt die oben skizzierte Ideologisierung mittels „Heimat Defender“ unumwunden zu. In einem Ankündigungsvideo bezeichnet er das Spiel als „einen logischen nächsten Schritt in der Strategie der Gegenkultur“. Ebenso räumt er Videospielen vor dem Hintergrund ihrer gesellschaftlichen Relevanz nunmehr einen festen Platz im Propagandarepertoire rechtsextremistischer Akteure ein.

Mit dem Begriff „Gegenkultur“ beschreibt die Neue Rechte eine Bewegung gegen die von ihr propagierte vermeintliche Zerstörung der deutschen Identität. Auf seinem Internetblog hält „Ein Prozent“ im Juni 2020 unmissverständlich fest: „Gegenkultur greift an. Gegenkultur fordert die herrschende Kultur heraus, will selbst herrschende Kultur werden.“ Es soll also die rechtsextremistische Ideologie im politischen Diskurs mittel- bis langfristig verankert und damit in der Gesellschaft salonfähig gemacht werden. Vor genau dieser Entgrenzung des Rechtsextremismus warnt der brandenburgische Verfassungsschutz bereits seit Längerem.

Die mediale Aufmerksamkeit für extremistische Rekrutierung und Ideologisierung mittels Computerspielen liegt derzeit vor allem auf rechtsextremistischen Strukturen. Doch auch andere Verfassungsfeinde - wie Islamisten - haben das Potenzial von Videogames längst erkannt. Die schiitisch-terroristische „Hizb Allah“ hat beispielsweise den Ego-Shooter „Holy Defence – Protection of the homeland and of holy sites“ herausgebracht. In dem Spiel werden reale Schlachten des syrischen Bürgerkrieges simuliert, in denen die „Hizb Allah“ den sunnitisch-terroristischen „Islamischen Staat“ bezwingt. Auf diesem Wege sollen die Kämpfer der „Hizb Allah“ (zu Deutsch: „Partei Gottes“) glorifiziert und Muslime in der ganzen Welt zu Reisen ins Kriegsgebiet animiert werden, um sich dem Kampf anzuschließen. Die „Hizb Allah“ gilt in Deutschland als terroristische Vereinigung und ist mit einem vollständigen Betätigungsverbot belegt. Beispielsweise ruft sie zur gewaltsamen Vernichtung des Staates Israel auf.

Die hier aufgezeigten Entwicklungen belegen einmal mehr, dass insbesondere Jugendliche und junge Heranwachsende im Fokus von Extremisten stehen. Videogames werden auch zukünftig eine herausgehobene Rolle in der Rekrutierung und Ideologisierung einnehmen. So erklärten beispielsweise die Entwickler des rechtsextremistischen „Heimat Defender“, sie seien bereits auf der Suche nach neuen Spieleideen.

Diese Ankündigung belegt die Notwendigkeit, dass sich die Gesellschaft und die deutschen Sicherheitsbehörden weiterhin konsequent den Gefahren des Cyber-Extremismus widmen müssen. In Brandenburg soll das unter anderem im Rahmen eines „Maßnahmenplans gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ erfolgen. So soll die Gesellschaft durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes über die einzelnen Facetten der „rechtsextremistischen Online-Erlebniswelt“ aufgeklärt werden. Zu diesem Thema finden Sie hier eine ausführliche Analyse.

Auf diesem Wege sollen über Multiplikatoren, wie Eltern und Lehrer, vor allem Kinder und Jugendliche in ihrer Medienkompetenz gestärkt und zugleich vor Extremisten geschützt werden. Darüber hinaus stehen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jederzeit für Fragen und Hilfe zur Verfügung.