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Piepen unter der Plane

Polizisten fanden in Velten 15 gestohlene Fahrräder, hingeführt hatte sie ein Tracker in einem der Fahrräder

von Stephan Henke

Spätestens, als sein Gegenüber ein Bündel 50- und 100-Euro-Geldscheine aus der Jackentasche holte, wurde Andreas U.* misstrauisch.

„Das war wie im Film, ich frage mich, warum solche Leute keine ordentlichen Brieftaschen haben“, sagt Andreas U.

Die Szene spielte sich Ende September 2022 auf einem Industriegelände in Spandau ab. Andreas U. vermutete dort sein am Vorabend im Potsdamer Stadtteil Babelsberg gestohlenes Fahrrad. Der eingebaute Tracker des Rads sendete aus einer der Hallen ein Signal auf sein Smartphone, wodurch er es orten konnte.

von Stephan Henke

Spätestens, als sein Gegenüber ein Bündel 50- und 100-Euro-Geldscheine aus der Jackentasche holte, wurde Andreas U.* misstrauisch.

„Das war wie im Film, ich frage mich, warum solche Leute keine ordentlichen Brieftaschen haben“, sagt Andreas U.

Die Szene spielte sich Ende September 2022 auf einem Industriegelände in Spandau ab. Andreas U. vermutete dort sein am Vorabend im Potsdamer Stadtteil Babelsberg gestohlenes Fahrrad. Der eingebaute Tracker des Rads sendete aus einer der Hallen ein Signal auf sein Smartphone, wodurch er es orten konnte.

Foto von einem Menschen mit 200 Euro Scheinen in den Händen
Symbolfoto © AlexZlat - stock.adobe.com
Foto von einem Menschen mit 200 Euro Scheinen in den Händen
Symbolfoto © AlexZlat - stock.adobe.com

Zuvor war schon die Berliner Polizei vor Ort, doch der Verdächtige sagte aus, er habe keinen Schlüssel für das Gebäude und auch sein Chef sei nicht da. Nachdem die Polizisten wieder abziehen mussten, stellte der vermeintliche Dieb Andreas U. 200 Euro und sein Fahrrad in Aussicht, wenn er die Polizei aus dem Spiel lasse.

„Ich habe ihm gesagt, ich will kein Geld, ich will mein Fahrrad“,

erzählt der Potsdamer, zumal ihm dann auch nicht das eigene Fahrrad, sondern ein anderes angeboten wurde.

Danach setzte er sich frustriert wieder ins Auto und schaute erneut auf das Smartphone.

„Ich konnte praktisch live sehen, wie das Fahrrad auf der Stadtautobahn Richtung Norden gebracht wurde“, erzählt Andreas U.

Halt machte das Signal erst am Abend in einem Industriegebiet in Velten (Oberhavel). Am nächsten Morgen kontaktierte er die Oranienburger Polizei, die mit ihm zu dem Gebäude fuhr. Die drei Beamten gingen in das Gebäude, fanden drinnen aber kein Fahrrad. Andreas U. konnte in der Zwischenzeit mit seinem Handy eine Verbindung zum Tracker herstellen und damit ein Piepen auslösen. Das kam von einer Plane, unter der die Polizisten schließlich 15 gestohlene Fahrräder fanden.

Zuvor war schon die Berliner Polizei vor Ort, doch der Verdächtige sagte aus, er habe keinen Schlüssel für das Gebäude und auch sein Chef sei nicht da. Nachdem die Polizisten wieder abziehen mussten, stellte der vermeintliche Dieb Andreas U. 200 Euro und sein Fahrrad in Aussicht, wenn er die Polizei aus dem Spiel lasse.

„Ich habe ihm gesagt, ich will kein Geld, ich will mein Fahrrad“,

erzählt der Potsdamer, zumal ihm dann auch nicht das eigene Fahrrad, sondern ein anderes angeboten wurde.

Danach setzte er sich frustriert wieder ins Auto und schaute erneut auf das Smartphone.

„Ich konnte praktisch live sehen, wie das Fahrrad auf der Stadtautobahn Richtung Norden gebracht wurde“, erzählt Andreas U.

Halt machte das Signal erst am Abend in einem Industriegebiet in Velten (Oberhavel). Am nächsten Morgen kontaktierte er die Oranienburger Polizei, die mit ihm zu dem Gebäude fuhr. Die drei Beamten gingen in das Gebäude, fanden drinnen aber kein Fahrrad. Andreas U. konnte in der Zwischenzeit mit seinem Handy eine Verbindung zum Tracker herstellen und damit ein Piepen auslösen. Das kam von einer Plane, unter der die Polizisten schließlich 15 gestohlene Fahrräder fanden.

Foto von gestohlenen Fahrrädern am Fundort in Velten
Fundort der gestohlenen Fahrräder in Velten © Polizei Brandenburg
Foto von gestohlenen Fahrrädern am Fundort in Velten
Fundort der gestohlenen Fahrräder in Velten © Polizei Brandenburg

„Die Hälfte der Fahrräder war teilweise mit richtigen fetten Schlössern noch angeschlossen und auch das meiner Nachbarin war dabei“, erzählt Andreas U.

Tobias Wegbünder erinnert sich noch gut an den Fall.

„Zwölf der 15 Fahrräder sind in Babelsberg entwendet worden, das ist schon außergewöhnlich, dass man so einen Fund hat“,

sagt der Kriminaloberkommissar der Polizeidirektion West, in die der Fall übertragen wurde, nachdem feststand, dass der Großteil der Geschädigten aus Potsdam kommt. Wegbünder und seine Kolleginnen und Kollegen kümmern sich, mit kurzer Unterbrechung, seit Anfang 2022 schwerpunktmäßig um Fahrraddiebstähle. Durch den Fall habe man auch neue Strukturen und Arbeitsweise der Fahrraddiebe aufdecken können.

„Die Hälfte der Fahrräder war teilweise mit richtigen fetten Schlössern noch angeschlossen und auch das meiner Nachbarin war dabei“, erzählt Andreas U.

Tobias Wegbünder erinnert sich noch gut an den Fall.

„Zwölf der 15 Fahrräder sind in Babelsberg entwendet worden, das ist schon außergewöhnlich, dass man so einen Fund hat“,

sagt der Kriminaloberkommissar der Polizeidirektion West, in die der Fall übertragen wurde, nachdem feststand, dass der Großteil der Geschädigten aus Potsdam kommt. Wegbünder und seine Kolleginnen und Kollegen kümmern sich, mit kurzer Unterbrechung, seit Anfang 2022 schwerpunktmäßig um Fahrraddiebstähle. Durch den Fall habe man auch neue Strukturen und Arbeitsweise der Fahrraddiebe aufdecken können.

Grundsätzlich unterscheidet er zwischen zwei Tätergruppen:

Zum einen „Betäubungsmittel-Abhängige, die aus Beschaffungsmotivation Einzeltaten verüben. Die kommen oftmals aus Berlin und nutzen dann die öffentlichen Verkehrsmittel und klauen Fahrräder in der Nähe des Bahnhofs und transportieren die dann auch mit der Bahn wieder ab“, sagt der 35-Jährige. Zum anderen gebe es Banden, die dies hauptberuflich machen. „Da gibt es örtlich agierende Täter, aber auch Täter aus dem Ausland, die hochwertige Fahrräder oder E-Bikes nach Osteuropa oder auch Berlin schaffen. Meistens kann man nicht mehr nachvollziehen, wohin die Fahrräder gebracht werden“, sagt Wegbünder.

Umso überraschter seien die Geschädigten im Velten-Fall gewesen.

„Oftmals ist es ja so, dass die Fahrräder nicht direkt nach der Tat gefunden werden, sondern ein, zwei Jahre später. Dann haben die Geschädigten in der Regel schon Geld von der Versicherung bekommen und sind dann im Zwiespalt, ob sie sich das Fahrrad zurückholen und die Versicherung ausbezahlen sollen, was dann auch wieder mit viel bürokratischem Aufwand verbunden ist. In dem Fall haben sich die Leute aber sehr gefreut, weil sie den Aufwand der Neubeschaffung umgehen konnten“, erzählt Wegbünder.

Denn die Räder wurden im Laufe des Septembers in Babelsberg gestohlen.

„Es hat mich auch echt gefreut, dass man auch 13 anderen Leuten helfen konnte“, sagt Andreas U.

Grundsätzlich unterscheidet er zwischen zwei Tätergruppen:

Zum einen „Betäubungsmittel-Abhängige, die aus Beschaffungsmotivation Einzeltaten verüben. Die kommen oftmals aus Berlin und nutzen dann die öffentlichen Verkehrsmittel und klauen Fahrräder in der Nähe des Bahnhofs und transportieren die dann auch mit der Bahn wieder ab“, sagt der 35-Jährige. Zum anderen gebe es Banden, die dies hauptberuflich machen. „Da gibt es örtlich agierende Täter, aber auch Täter aus dem Ausland, die hochwertige Fahrräder oder E-Bikes nach Osteuropa oder auch Berlin schaffen. Meistens kann man nicht mehr nachvollziehen, wohin die Fahrräder gebracht werden“, sagt Wegbünder.

Umso überraschter seien die Geschädigten im Velten-Fall gewesen.

„Oftmals ist es ja so, dass die Fahrräder nicht direkt nach der Tat gefunden werden, sondern ein, zwei Jahre später. Dann haben die Geschädigten in der Regel schon Geld von der Versicherung bekommen und sind dann im Zwiespalt, ob sie sich das Fahrrad zurückholen und die Versicherung ausbezahlen sollen, was dann auch wieder mit viel bürokratischem Aufwand verbunden ist. In dem Fall haben sich die Leute aber sehr gefreut, weil sie den Aufwand der Neubeschaffung umgehen konnten“, erzählt Wegbünder.

Denn die Räder wurden im Laufe des Septembers in Babelsberg gestohlen.

„Es hat mich auch echt gefreut, dass man auch 13 anderen Leuten helfen konnte“, sagt Andreas U.

Porträtfoto von Kriminaloberkommissar Wegbünder
Kriminaloberkommissar Wegbünder © Polizei Brandenburg

Nicht zuletzt sind die Preise von Fahrrädern während der Corona-Pandemie stark gestiegen.

„Wenn man ein Fahrrad hatte, das 800 Euro gekostet hat, bekommt man diese 800 Euro von der Versicherung wieder, aber muss dann für ein gleichwertiges Fahrrad noch einmal 300, 400 Euro drauflegen. Da bleibt dann ein Großteil der Kosten an den Bürgern hängen“, sagt Wegbünder.

Die gestiegenen Preise sind für ihn auch ein Grund, warum Fahrraddiebstähle verübt werden.

„Fahrraddiebstähle sind gerade in der Nacht relativ einfach. Mit den steigenden Preisen der Fahrräder ist es auch zunehmend lukrativ geworden, gerade auch für Beschaffungstäter, um sich wieder eine Woche über Wasser zu halten“, sagt der Kriminaloberkommissar.

Zwar sind die Diebstahlszahlen in Brandenburg zwischen 2018 und 2021 konstant rückläufig, doch der Gesamtverband der Versicherer (GDV) teilte 2022 mit, dass sich der Schadensdurchschnitt in den vergangenen zehn Jahren von 440 auf 860 Euro fast verdoppelt habe und damit so hoch wie noch nie liege.

Porträtfoto von Kriminaloberkommissar Wegbünder
Kriminaloberkommissar Wegbünder © Polizei Brandenburg

Nicht zuletzt sind die Preise von Fahrrädern während der Corona-Pandemie stark gestiegen.

„Wenn man ein Fahrrad hatte, das 800 Euro gekostet hat, bekommt man diese 800 Euro von der Versicherung wieder, aber muss dann für ein gleichwertiges Fahrrad noch einmal 300, 400 Euro drauflegen. Da bleibt dann ein Großteil der Kosten an den Bürgern hängen“, sagt Wegbünder.

Die gestiegenen Preise sind für ihn auch ein Grund, warum Fahrraddiebstähle verübt werden.

„Fahrraddiebstähle sind gerade in der Nacht relativ einfach. Mit den steigenden Preisen der Fahrräder ist es auch zunehmend lukrativ geworden, gerade auch für Beschaffungstäter, um sich wieder eine Woche über Wasser zu halten“, sagt der Kriminaloberkommissar.

Zwar sind die Diebstahlszahlen in Brandenburg zwischen 2018 und 2021 konstant rückläufig, doch der Gesamtverband der Versicherer (GDV) teilte 2022 mit, dass sich der Schadensdurchschnitt in den vergangenen zehn Jahren von 440 auf 860 Euro fast verdoppelt habe und damit so hoch wie noch nie liege.

Die Räder aus Velten hätten alle einen Wert zwischen 800 und 1200 Euro, schätzt Wegbünder, der davon ausgeht, dass sie dort für den Weitertransport zwischengelagert wurden. Den Einsatz von Trackern empfiehlt er insbesondere für teure Fahrräder, die Täter aufspüren solle man aber immer nur

„in Zusammenarbeit mit der Polizei. Das können wir auf jeden Fall befürworten und dafür sind wir auch dankbar“, sagt er. Und auch mit dem Ablehnen des Geldes habe sich Andreas U. vorbildlich verhalten. „Sonst hätte er sich möglicherweise noch selbst strafbar gemacht.“


* Name geändert

Die Räder aus Velten hätten alle einen Wert zwischen 800 und 1200 Euro, schätzt Wegbünder, der davon ausgeht, dass sie dort für den Weitertransport zwischengelagert wurden. Den Einsatz von Trackern empfiehlt er insbesondere für teure Fahrräder, die Täter aufspüren solle man aber immer nur

„in Zusammenarbeit mit der Polizei. Das können wir auf jeden Fall befürworten und dafür sind wir auch dankbar“, sagt er. Und auch mit dem Ablehnen des Geldes habe sich Andreas U. vorbildlich verhalten. „Sonst hätte er sich möglicherweise noch selbst strafbar gemacht.“


* Name geändert

Grafik mit den Angaben der GDV sowie Empfehlung für Einsatz von Trackern für teure Fahrräder
Icons © anatolir - stock.adobe.com
Grafik mit den Angaben der GDV sowie Empfehlung für Einsatz von Trackern für teure Fahrräder
Icons © anatolir - stock.adobe.com