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Gemeinsames Fachgespräch der Arbeitsgruppen 1 (Kinder-, Jugend- und Gewaltdelinquenz, Kinder- und Jugendschutz) und 2 (Prävention von politischem Extremismus) am 22.06.2021

- Erschienen am 07.07.2021 - Presemitteilung LPR (Meldung)
LPR Foto Fachgespräch am 22.06.2021 (v.l.n.r.: Jörg Müller, Kai Kasüschke, Prof. Dr. Wilfried Schubarth) © LPR

In Form einer Online-Veranstaltung tauschten sich die Leiter der beiden Arbeitsgruppen, Herr Prof. Dr. Schubarth (Leiter AG 1) und Herr Müller (Leiter AG 2) sowie der Landespräventionsbeauftragte, Herr Kasüschke, mit Mitwirkenden beider Arbeitsgruppen und fachlich interessierten Teilnehmenden zum Thema „Verschwörungsmythen im Netz – Herausforderungen für die Prävention“ aus.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie – auch in Bezug auf eine mögliche Anfälligkeit für Verschwörungsmythen – bedürfen gerade bei Kindern und Jugendlichen einer intensiveren Betrachtung. Es gilt, für diese Zielgruppe Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um konstruktiv mit Ängsten vor negativen Auswirkungen auf das weitere Leben, vor Macht- und Hilflosigkeit sowie vor sozialem und schulischem Abstieg umzugehen. Eine Überforderung mit der Situation kann diese jungen Menschen anfällig für Verschwörungsmythen machen, die insbesondere im Internet verbreitet werden und vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen geben. Aus diesem Grund bedienen sich auch Extremisten bei der Verbreitung ihrer verfassungsfeindlichen Ideologien immer wieder Verschwörungsmythen. Vor diesem Hintergrund wurde entschieden, dieses Fachgespräch als Möglichkeit des gemeinsamen Informationsaustausches zwischen der AG 1 und der AG 2 zu sehen und über Strategien und Maßnahmen für den Umgang mit diesem Phänomen zu beraten.


Zum Einstieg in die Thematik wurde von den beiden AG-Leitern sowie von Herrn Dr. Rüdiger von der Hochschule der Polizei erkenntnisreiche Fachvorträge gehalten. Hieran schlossen sich verschiedene Inputs aus den betroffenen Fachbereichen im Land Brandenburg an. Es referierten Herr Prof. Dr. Botsch vom MMZ, Herr Klein vom MBT, Herr Pfennig vom Verfassungsschutz sowie Frau Büttner vom MBJS.

Hierbei standen vor allem folgende Fragestellungen im Vordergrund: Welche neuen Entwicklungen sind bei Verschwörungsmythen zu beobachten? Handelt es sich um ein ernst zu nehmendes Problem oder eher um ein Übergangsphänomen? Welche Rolle spielt in Bezug auf die Anfälligkeit für Verschwörungsmythen die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen und wie kann diese gezielt gestärkt werden?

Im Verlauf der Veranstaltung und der anschließenden Diskussion erhielten die Teilnehmenden hierzu Informationen und Anregungen.

Im Ergebnis lassen sich folgende Thesen ableiten:

  • Verschwörungserzählungen sind kein neues Phänomen, sie werden derzeit vor allem in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verbreitet, gleichwohl sich die dahinterstehenden Mythen uralter Muster bedienen.
  • Im Verlauf der Corona-Pandemie ist jedoch sowohl quantitativ als auch qualitativ ein spürbarer Anstieg bei der Verbreitung von Verschwörungsmythen zu verzeichnen, insbesondere über das Internet. Dieses bietet die Möglichkeit mit großer Reichweite und durch schnelles „Teilen“ unkompliziert Inhalte zu verbreiten. Die gesteigerte Anfälligkeit für Verschwörungsmythen ist insofern kein „Medienhype“, sondern wird von Teilnehmenden aus verschiedenen Bereichen wahrgenommen und betrifft auch Personen ohne vorherige Berührungspunkte mit dem Thema. Daneben bzw. dabei zeigt sich auch ein zunehmender (offener) Antisemitismus. Die Lage wird als dynamisch eingeschätzt, wobei perspektivisch eher eine zunehmende Radikalisierung erwartet werden kann.
  • Betont wird die Notwendigkeit der genauen Betrachtung und Differenzierung. Nicht bei jeder geäußerten Unzufriedenheit oder möglichen Angst vor einer Impfung besteht ein Zusammenhang mit der Anfälligkeit für Verschwörungserzählungen. Von einer schematischen Vorgehensweise ist insofern abzuraten.
  • Einigkeit besteht darin, dass ein ganz wichtiger Akteur in dem Themenfeld im Bildungsbereich zu suchen ist. Die Rahmenbedingungen wurden bereits geschaffen, die Umsetzungsnotwendigkeit besteht fort, auch wenn das Themenfeld in Teilen bereits bearbeitet wird.
  • Kinder und Jugendliche müssen gezielt befähigt werden, Nachrichten kritisch zu hinterfragen und in die Lage versetzt werden Fake-Nachrichten zu erkennen und ggf. auch Gegenmeinungen äußern zu können. Hierzu bedarf es einer Förderung kritischen Denkens bei Kindern und Jugendlichen, wobei die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer mehr und mehr in den Fokus rücken. Kernkompetenzen wie Wertebildung soll perspektivisch ein höherer Stellenwert beigemessen werden.
  • Die Erhöhung der Medienkompetenz – nicht nur von Kindern und Jugendlichen – wird allgemein als dringend notwendig erachtet. Sie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss schon im frühen Kindesalter beginnen. Der fortlaufende Prozess kann nur gemeinsam bewältigt werden.
  • Diskutiert wurden konkrete (Fortbildungs-)Angebote, beispielsweise der Universität Potsdam für Lehramtsstudierende und der Verfassungsschutzbehörde für Lehrkräfte über ein zentrales Angebot beim LISUM. Überdies wird die Universität Potsdam im Herbst eine Handreichung "Verschwörungsmythen als Basiswissen für Lehrende und Lernende" veröffentlichen.
  • Als über den Teilnehmerkreis der Veranstaltung hinausgehenden wichtige Akteure für ein gemeinsames Gelingen wurden neben der Landeszentrale für politische Bildung die Jugend(hilfe) und Sozialarbeit sowie Journalisten herausgestellt.

Bei Rückfragen zu diesem Thema, zur Benennung von Ansprechpartner:innen und zur Vermittlung von Kontakten stehen wir unter lpr@mik.brandenburg.de jederzeit gern zur Verfügung.