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Innenministerin Lange tritt zurück

Lange: „Möchte notwendiger Geschlossenheit nicht im Wege stehen“

- Erschienen am 16.05.2025

Potsdam – Brandenburgs Innenministerin Katrin Lange tritt zurück. Sie erklärte heute in Potsdam:

„Meine Damen und Herren,
die Brandenburger Koalition aus SPD und BSW steht vor großen Herausforderungen. Land und Leute erwarten Lösungen. Sie wollen, dass die Politik arbeitet und nicht streitet. Dafür sind Zusammenhalt und Stabilität nötig in Koalition und Fraktion.
In einer solchen Lage ist es nicht gut, wenn die Debatte um Katrin Lange und den Verfassungsschutz alles andere überschattet. Das können wir uns nicht leisten. Der notwendigen Geschlossenheit möchte ich nicht im Wege stehen.
Ich habe daher heute Ministerpräsident Dietmar Woidke meinen Rücktritt als Ministerin des Innern und für Kommunales erklärt.

Meine Damen und Herren,
als andere nach dem NSU-Debakel den Verfassungsschutz abschaffen wollten, habe ich mich für seine Stärkung ausgesprochen. Allerdings war ich immer der Meinung, dass der Verfassungsschutz in der Demokratie kontrolliert werden muss. Der Nachrichtendienst soll gerade nicht tun und lassen können, was er will. Dieser Meinung bin ich heute noch.
Der ehemalige Verfassungsschutzchef hat mich über bedeutende Sachverhalte nicht ordnungsgemäß und viel zu spät unterrichtet. Das ist nicht akzeptabel. An dieser Tatsache ändern auch Geschäftsgangvermerke nichts, die den tatsächlichen Ablauf aus meiner Sicht irreführend wiedergeben. Ich jedenfalls fühle mich hintergangen.
Die Gründe für die Hochstufung des Verfassungsschutzes hat die Öffentlichkeit bis heute nicht erfahren. Der Verfassungsschutz lehnt eine Veröffentlichung des Einstufungsvermerks auch in bereinigter Form ab. Auch eine solche Geheimniskrämerei möchte ich nicht verantworten, denn nur eine informierte Öffentlichkeit kann das Handeln der Regierung kritisch hinterfragen.  

Meine Damen und Herren,
durch den zeitlichen Ablauf der Ereignisse habe ich meine Fraktion in der letzten Woche vor den Kopf gestoßen. Für den daraus entstandenen Unmut habe ich volles Verständnis. Dieser Unmut ist berechtigt, die Fraktion ist überrascht worden, und das war ein Fehler. Mir tut das leid und ich entschuldige mich dafür bei meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen. Sie hätten einen anderen Umgang verdient gehabt und ich bedauere die entstandenen Irritationen, zumal diese gut nachvollziehbar sind.

Das ließe sich noch in Ordnung bringen. Aber darum geht es heute nicht mehr. In der SPD Brandenburg wird gerade lebhaft diskutiert. Das ist gut so. Nicht gut ist, dass dabei mit Unterstellungen und Diffamierungen mir gegenüber gearbeitet wird, die bis ins Persönliche gehen. Einen solchen Umgang von denjenigen, die sonst ständig von „Respekt“, „Toleranz“ und „Wertschätzung“ reden, bin ich nicht länger bereit zu akzeptieren.

Meine Damen und Herren,
ich bin schon seit einiger Zeit der Auffassung, dass Anlass besteht, Form und Inhalt der Auseinandersetzung mit der AfD kritisch zu überdenken. Und zwar deshalb, weil sie erfolglos ist. Ich bin nicht für einen weicheren Umgang mit der AfD, sondern für einen besseren und wirksameren; für so einen, der die AfD endlich einmal kleiner macht statt immer größer. Ich glaube: Politische Herausforderungen sollten in einer Demokratie in erster Linie politisch beantwortet werden.

Ich teile die Meinung von Richard Schröder, wonach es mit Blick auf die AfD darauf ankommt „durch entsprechende Angebote den Souverän dazu zu bewegen, bei der nächsten Wahl anders zu entscheiden.“ In der Politik gehöre ich mit einer solchen Auffassung heute zu einer Minderheit. Dort setzt man zunehmend einseitig auf die Instrumente Parteiverbot, Repression, Überwachung und Ausgrenzung. Man gibt die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD bereits verloren. Ich glaube, dass das falsch ist. Aber die Lernkurve in der Auseinandersetzung mit der AfD beträgt Null. Viele der heutigen AfD-Wähler haben – auch in Brandenburg – früher einmal SPD gewählt. Sie haben Manfred Stolpe gewählt, Regine Hildebrandt, Matthias Platzeck und Dietmar Woidke. Bei 5 Prozent könnte man darüber hinwegsehen, aber bei 30 Prozent wird das langsam schwierig.

Die AfD als Partei ist das eine. Aber ich bin nicht bereit, ein Drittel der Brandenburger Wähler politisch abzuschreiben. Ein solcher Weg würde die Spaltungen in unserer Gesellschaft weiter vertiefen, die politische Kultur in Brandenburg schwer beschädigen und für meine Partei verheerende Auswirkungen haben. Es ist ein kurzer Weg nach Sachsen und Thüringen. Manchen meiner Parteifreunde wird das vielleicht später auch einmal dämmern – aber dann wird es vielleicht zu spät sein. Ein solcher Weg wäre auch der Abschied von der freiheitlichen Tradition der ostdeutschen Sozialdemokratie im Gefolge der friedlichen Revolution von 1989. Für einen solchen Irrweg stehe ich nicht zur Verfügung. Ich lasse mich auch nicht verbiegen.

Meine Damen und Herren,
für eine solche Haltung werde ich nicht nur kritisiert, sondern es schlägt mir offener Hass entgegen. Eine solche Haltung soll nicht legitim sein, sie wird mit allen Mitteln diffamiert und diskreditiert. Es ist ein Armutszeugnis. Mir werden wegen eines in der Tat schwierig und schlecht vermittelbaren Ganges der Dinge in Sachen Hochstufung die unmöglichsten Dinge unterstellt. In der Partei wird mit gezielter Desinformation gegen mich intrigiert. So etwas wäre früher in der SPD Brandenburg undenkbar gewesen. Grüne und Linke machen mit haltlosen Unterstellungen Stimmung gegen mich. Ausgerechnet die Partei, die den Verfassungsschutz abschaffen will, schwärmt jetzt plötzlich von der Behörde, „die unsere Verfassung und damit die Demokratie schützen soll“. Das nenne ich verlogen. Und die CDU Brandenburg macht dabei mit.

Meine Damen und Herren,
es gibt auch in der heutigen Politik Grenzen der Schäbigkeit und Niedertracht, die ich bereit bin zu akzeptieren. Deshalb ziehe ich jetzt die Konsequenzen. Ich möchte mich bei meinen vielen politischen Weggefährten bedanken, bei Matthias Platzeck, Karl-Heinz Schröter, Katrin Schneider und vor allem bei Dietmar Woidke, der immer Vertrauen zu mir hatte und immer zu mir stand. Brandenburg kann sich glücklich schätzen, einen solchen MP zu haben, jeder Zoll – und es sind nicht wenige – ein echter roter Preuße.

Bedanken möchte ich mich bei der Blaulichtfamilie, den vielen Vertretern der Brandenburger Kreise und Gemeinden, wir haben immer gut zusammengearbeitet, auch in schwieriger Zeit. Es war mir eine Freude. Stellvertretend für alle bedanke ich mich bei Oliver Hermann und Siegurd Heinze.

Ich möchte mich auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, in den verschiedenen Ministerien, in denen ich in den letzten Jahren Verantwortung tragen durfte. Das geht vom Staatssekretär und den Leitungsbereichen über die zahlreichen Fachebenen bis hin zum Fahrer und Pförtner. Sie haben mich großartig begleitet, sich um mich gekümmert, und ohne sie wäre es nicht gegangen. Ganz herzlichen Dank dafür an alle!

Dank verdient haben auch meine Familie und Freunde, die so oft auf mich verzichten mussten und die Beveringener, die mich immer als Katrin Lange behandelt haben. Ich werde jetzt auch wieder mehr Kuchen für die Dorffeste backen!

Zuletzt möchte ich mich bei den Brandenburgerinnen und Brandenburgern bedanken. Das ist ein tolles Land hier mit tollen Menschen. Ihren Anliegen werde ich immer verbunden bleiben – jetzt eben auf andere Weise.  

Meine Damen und Herren,
Ämter sind Macht auf Zeit. Und auch plötzliche Veränderungen gehören in der Politik dazu. Das weiß jeder, der politisch aktiv ist. Deswegen muss man aus solchen Veränderungen auch kein Drama machen. Das ist in Ordnung so. Das passt schon alles. Ich werde meine Arbeit als SPD-Abgeordnete im Landtag fortsetzen. Das ist eine schöne Aufgabe. Ich werde dabei die anstehenden politischen Vorhaben konstruktiv und kritisch begleiten. Als stellvertretende SPD-Landesvorsitzende werde ich selbstverständlich nicht mehr kandidieren.

Meine Damen und Herren,
ich bin mit mir im Reinen. Dem Land Brandenburg und Ihnen allen wünsche ich alles Gute!

Vielen Dank!"