Handbuch "Reichsbürger“ neu aufgelegt
Umfassende Informationen für Behörden und Interessierte – Bewährte Kooperation zwischen Institut für Gemeinwesenberatung, Verfassungsschutz und LKA
- Erschienen am - PresemitteilungPotsdam – Konfliktgeladene Situationen im Zusammenhang mit „Reichsbürgern“ und „Selbstverwaltern“ sind für Behördenmitarbeiter in Brandenburg keine Seltenheit. Der Bedarf an Informationen über dieses Milieu und seine Maschen sowie Handlungsempfehlungen im Umgang mit dieser oft schwierigen Klientel ist daher groß. Das Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung (demos) hat deshalb das gefragte Handbuch „Reichsbürger“ in einer dritten und erstmals erweiterten Auflage neu herausgebracht.
Das fast 300 Seiten starke Werk ist ein Kooperationsprodukt von Mitarbeitern mehrerer Behörden, darunter auch Experten des brandenburgischen Verfassungsschutzes und des Landeskriminalamtes Brandenburg. Es wurde gefördert von den Landespräventionsräten in Brandenburg und Sachsen sowie dem Toleranten Brandenburg.
Verfassungsschutzchef Frank Nürnberger betonte heute bei der Vorstellung des Buches in Potsdam: „Das Brandenburgische Institut für Gemeinwesenberatung hat erneut Fachleute zusammengeführt und sie zur gemeinsamen Veröffentlichung ihrer Erfahrungen, Analysen und neuesten Erkenntnisse ermuntert. Die Beschäftigung mit diesem wachsenden Milieu ist wichtig. ‚Reichsbürger‘ und ‚Selbstverwalter‘ propagieren ein verschwörungsideologisches Weltbild. Daraus entstehen oftmals Radikalisierungsprozesse, die zur totalen Ablehnung des Staates und seiner Organe führen. Auch Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung wird legitimiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass das Handbuch für jeden Behördenmitarbeiter, der mit ‚Reichsbürgern‘ umgehen muss, eine unverzichtbare Hilfe ist. Aber auch jeder andere Interessierte wird es mit Gewinn lesen.“
Der Herausgeber des Handbuches, demos-Mitarbeiter Dirk Wilking unterstrich: „Im Sog der Pegida-Bewegungen hat die Szene der ‚Reichsbürger‘ und ‚Selbstverwalter‘ in den vergangenen Jahren deutlich Zulauf bekommen. Die thematische Schnittmenge ist die Delegitimierung des Staates. Unter ‚Reichsbürgern‘ und ‚Selbstverwaltern’ finden sich Bedeutungssüchtige, Geschäftemacher, Querulanten, aber auch ernsthaft Überzeugte, psychisch Kranke, Betrogene, Verzweifelte und Träumer. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich diese Menschen bis in den Bereich der Unzurechnungsfähigkeit in ihre Ideen hineinsteigern können. Es geht nicht nur darum, ‚Reichsbürger‘ in die Schranken zu weisen. Wir müssen ebenso verstehen, wie sie und ihr Milieu funktionieren. Dazu soll der Band einen Beitrag leisten.“
Aus Sicht des Leiters der „Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Polizei und Ordnungsrecht, Kriminalprävention“ im Innenministerium, Herbert Trimbach, ist das neu aufgelegte Handbuch „wichtig für jeden, der sich der Thematik Reichsbürger nähern möchte und profunde Informationen sucht. Dies gilt für Verwaltungsmitarbeiter, insbesondere auch für Polizistinnen und Polizisten, die beruflich mit dem Phänomen konfrontiert sind. Angesichts der zunehmenden Bedeutung, die diese Szene in der öffentlichen Wahrnehmung spielt, kann ich diese Lektüre nur jedem empfehlen.“
Das Milieu hat bundesweit eine zunehmende Dynamik entfaltet. Den deutschen Sicherheitsbehörden sind rund 18.000 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ bekannt. In Brandenburg sind es etwa 600. Der Verfassungsschutz Brandenburg befasst sich seit 2012 intensiv mit dieser extremistischen Szene. Bei Behörden gibt es großen Beratungsbedarf. Die meisten Anfragen beim Verfassungsschutz drehten sich im vergangenen Jahr um dieses Thema. Verfassungsschutzmitarbeiter hielten dazu mehr als 40 Vorträge.