Oranienburg
Vom Schandfleck zum Schmuckstück
Seit 2017 ist das Polizeirevier Oranienburg und die Polizeiinspektion Oberhavel in der ehemaligen Landwirtschaftsschule untergebracht, die Zustände in den alten Gebäuden waren zuvor untragbar geworden.
Von Stephan Henke
Um einen Vergleich zwischen dem ehemaligen und dem heutigen Standort zu ziehen, bedient sich Lars Borchardt einer ziemlich anschaulichen Anekdote. „Als ich im November 2011 hier anfing, wollte ich einen Intranetbeitrag veröffentlichen, um mich den Mitarbeitern vorzustellen und habe mich vor das Haus gestellt, um ein Foto zu machen – und ich wusste nicht, wo ich mich hinstellen sollte, es war so richtig beschämend. Ich habe mich dann vor die Ostseite gestellt, weil die Seite noch einigermaßen ging, auf der Westseite fielen später die Fenster raus“, erzählt der Leiter der Polizeiinspektion Oberhavel.
Borchardt redet dabei über das alte Polizeigebäude in der Berliner Straße, sechs Jahre später hatte es schließlich ausgedient. Später wurde es abgerissen, an gleicher Stelle wird aktuell das Wohnheim für die Polizeianwärterinnen und -anwärter gebaut. 2017 zog die PI und das Revier, das zuvor in der Lehnitzstraße beheimatet war, gemeinsam in die von Grund auf sanierte alte Landwirtschaftsschule in der Germendorfer Allee 17. „Die Polizei ist einer unserer größten Nutzer und damit ein sehr wichtiger Kunde. Eine möglichst optimale Immobilie zu vermieten, war und ist stets Anspruch des BLB - durch die spezifischen Anforderungen der Polizeiarbeit aber nicht immer einfach zu realisieren. Hier braucht man gelegentlich einen Partner, der Gebäude nach unseren Anforderungen herrichtet. Mit dem Landkreis Oberhavel können wir hier an einem Strang ziehen - zumal sich verschiedene Interessen mit dem Projekt bündeln lassen. Ich bin sicher, dass der Landkreis am Luisenhof etwas Gutes schaffen wird“, sagte der damalige technische Geschäftsführer des Brandenburgischen Landesbetriebs für Liegenschaften und Bauen (BLB), Norbert John.
Und schon rein optisch hat das Haus eine ganz andere Qualität, inzwischen ist die Polizei eher in einem Schmuckstück als in einem Schandfleck beheimatet. Dabei war es zuvor ebenfalls nicht im besten Zustand, zehn Millionen Euro investierte der Landkreis in die Sanierung, Lars Borchardt durfte eigene Vorstellungen und Bedarfe anmelden. „Das aktuelle Gebäude war einst das Haupt-Schulgebäude, deshalb haben wir hier auch so große Räume“, erzählt er über das sowohl innen als auch außen denkmalgeschützte Haus. Im heutigen Gewahrsam war beispielsweise früher der Pferdestall untergebracht.
Nutztiere gab es früher einige auf dem Gelände, Nutztiere gab es früher einige auf dem Gelände, denn die Landwirtschaftskammer errichtete hier in den in den 20-er Jahren ein landwirtschaftliches Lehr- und Versuchsgut. Im Gut waren die landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Geflügelzuchtanstalt, eine Melkerschule und einen Bienenlehrstand, dazu eine Hauswirtschaftsschule und eine gärtnerische Versuchsanstalt untergebracht. „Die Schüler, also in der Regel Bauernsöhne, kamen, wie auch heute noch üblich, in den Wintersemestern, weil dann die Ernte eingebracht war. Die Bauernmädchen besuchten für ein Jahr die Hauswirtschaftsschule. Da haben sich auch etliche Paare gebildet“, erzählt Andrea Will. Sie leitet seit 2021 die Landwirtschaftsschule, war zuvor schon zwölf Jahre Honorardozentin. Die ganzen Stallgebäude wurden allerdings schon in den 1960ern abgerissen, nur bis zum 2. Weltkrieg gab es das Lehr- und Versuchsgut, danach wurde nur noch die Theorie gelehrt, die Praxis dagegen in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Zu DDR-Zeiten gab es rund 40 Kreislandwirtschaftsschulen in Brandenburg, inzwischen ist die Oranienburger eine von nur noch sechs im Land, die von rund 550 Absolventen pro Jahr besucht wird.
Mit der Polizei hat die Schule ab und zu Berührungspunkte, „wir fühlen uns auf jeden Fall sehr sicher“, sagt Andrea Will mit einem Lachen. Im historischen Traditionszimmer der Schule feiert die Polizei auch schon mal den Abschied einer Kollegin oder eines Kollegen, denn noch heute hat die Landwirtschaftsschule auf dem Gelände ihren Sitz. Allerdings nur noch für kurze Zeit bis sie mit in den Neubau des Technik- und Ausbildungszentrums Oberhavel in unmittelbarer Nachbarschaft einzieht – das Traditionszimmer bleibt allerdings im alten Gebäude.
Darüber freut sich auch Nadine Goodmann. Sie leitet seit 2021 das Revier Oranienburg, das einige Besonderheiten aufweist. Während andere Regionen mit einem Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben, wächst die Stadt Oranienburg und die Region konstant. In der PD Nord schrumpfen die anderen beiden Inspektionen, die PI Oberhavel wächst dagegen, das Revier Oranienburg steht bei knapp 82.000 Einwohnern, die ganze PI bei knapp 220.000, Tendenz steigend. Außerdem liegt mit dem ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen eine sehr bedeutsame Gedenkstätte im Reviergebiet, „das kann besondere Anforderungen an die Polizeiarbeit stellen, insbesondere im Umgang mit Gedenkstätten und den damit verbundenen Veranstaltungen“, sagt die 46-Jährige.
Ebenfalls im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg steht die Vielzahl an alten, nicht gezündeten Fliegerbomben, die in und um Oranienburg liegen. Während des Krieges wurde 21.300 Bomben auf die Stadt geworfen, mehr als 4000 davon waren mit einem chemischen Langzeitzünder ausgestattet, die Gefahr von Selbstzündungen der Blindgänger ist jederzeit gegeben. In seinem Gutachten kalkulierte Prof. Dr. Wolfgang Spyra (TU Cottbus) 2008 mit 326 Blindgängern, die damals noch unter der Erde lagen, alle zwei Monate wird im Schnitt einer gefunden.
Lars Borchardt fällt auch zum Bombenthema eine Anekdote ein. „Die alte PI lag fast immer im Sperrkreis und so mussten wir die immer räumen und zogen übergangsweise in das Hennigsdorfer Revier. Neben der PI lag eine Senioreneinrichtung und dann rief eine ältere Dame an und meinte: Hier ist was passiert, hier ist ja niemand mehr. Sie hatte einfach nicht mitbekommen, dass die Entschärfung ist. Dann sind wir hingefahren, haben sie schnell abgeholt und dann ging es weiter mit der Entschärfung“, erzählt er.
So hat der neue Standort eben auch den Vorteil, dass man nur noch selten im Sperrkreis liegt. Dabei gab es vor dem Umzug auch Skepsis gegenüber der Lage. „Es gab die Befürchtung, dass wenn man hier rauszieht, dass die Bürger nicht mehr zur Polizei kommen. Ich stelle aber keine Veränderung fest, wer zur Polizei kommen will, der kommt auch hierher“, sagt Lars Borchardt. Und Nadine Goodmann ergänzt: „Im Großen und Ganzen hat die Bevölkerung eher gedacht: Endlich bekommt die Polizei mal ein vernünftiges Gebäude.“
Vom Schandfleck zum Schmuckstück
Seit 2017 ist das Polizeirevier Oranienburg und die Polizeiinspektion Oberhavel in der ehemaligen Landwirtschaftsschule untergebracht, die Zustände in den alten Gebäuden waren zuvor untragbar geworden.
Von Stephan Henke
Um einen Vergleich zwischen dem ehemaligen und dem heutigen Standort zu ziehen, bedient sich Lars Borchardt einer ziemlich anschaulichen Anekdote. „Als ich im November 2011 hier anfing, wollte ich einen Intranetbeitrag veröffentlichen, um mich den Mitarbeitern vorzustellen und habe mich vor das Haus gestellt, um ein Foto zu machen – und ich wusste nicht, wo ich mich hinstellen sollte, es war so richtig beschämend. Ich habe mich dann vor die Ostseite gestellt, weil die Seite noch einigermaßen ging, auf der Westseite fielen später die Fenster raus“, erzählt der Leiter der Polizeiinspektion Oberhavel.
Borchardt redet dabei über das alte Polizeigebäude in der Berliner Straße, sechs Jahre später hatte es schließlich ausgedient. Später wurde es abgerissen, an gleicher Stelle wird aktuell das Wohnheim für die Polizeianwärterinnen und -anwärter gebaut. 2017 zog die PI und das Revier, das zuvor in der Lehnitzstraße beheimatet war, gemeinsam in die von Grund auf sanierte alte Landwirtschaftsschule in der Germendorfer Allee 17. „Die Polizei ist einer unserer größten Nutzer und damit ein sehr wichtiger Kunde. Eine möglichst optimale Immobilie zu vermieten, war und ist stets Anspruch des BLB - durch die spezifischen Anforderungen der Polizeiarbeit aber nicht immer einfach zu realisieren. Hier braucht man gelegentlich einen Partner, der Gebäude nach unseren Anforderungen herrichtet. Mit dem Landkreis Oberhavel können wir hier an einem Strang ziehen - zumal sich verschiedene Interessen mit dem Projekt bündeln lassen. Ich bin sicher, dass der Landkreis am Luisenhof etwas Gutes schaffen wird“, sagte der damalige technische Geschäftsführer des Brandenburgischen Landesbetriebs für Liegenschaften und Bauen (BLB), Norbert John.
Und schon rein optisch hat das Haus eine ganz andere Qualität, inzwischen ist die Polizei eher in einem Schmuckstück als in einem Schandfleck beheimatet. Dabei war es zuvor ebenfalls nicht im besten Zustand, zehn Millionen Euro investierte der Landkreis in die Sanierung, Lars Borchardt durfte eigene Vorstellungen und Bedarfe anmelden. „Das aktuelle Gebäude war einst das Haupt-Schulgebäude, deshalb haben wir hier auch so große Räume“, erzählt er über das sowohl innen als auch außen denkmalgeschützte Haus. Im heutigen Gewahrsam war beispielsweise früher der Pferdestall untergebracht.
Nutztiere gab es früher einige auf dem Gelände, Nutztiere gab es früher einige auf dem Gelände, denn die Landwirtschaftskammer errichtete hier in den in den 20-er Jahren ein landwirtschaftliches Lehr- und Versuchsgut. Im Gut waren die landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Geflügelzuchtanstalt, eine Melkerschule und einen Bienenlehrstand, dazu eine Hauswirtschaftsschule und eine gärtnerische Versuchsanstalt untergebracht. „Die Schüler, also in der Regel Bauernsöhne, kamen, wie auch heute noch üblich, in den Wintersemestern, weil dann die Ernte eingebracht war. Die Bauernmädchen besuchten für ein Jahr die Hauswirtschaftsschule. Da haben sich auch etliche Paare gebildet“, erzählt Andrea Will. Sie leitet seit 2021 die Landwirtschaftsschule, war zuvor schon zwölf Jahre Honorardozentin. Die ganzen Stallgebäude wurden allerdings schon in den 1960ern abgerissen, nur bis zum 2. Weltkrieg gab es das Lehr- und Versuchsgut, danach wurde nur noch die Theorie gelehrt, die Praxis dagegen in den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Zu DDR-Zeiten gab es rund 40 Kreislandwirtschaftsschulen in Brandenburg, inzwischen ist die Oranienburger eine von nur noch sechs im Land, die von rund 550 Absolventen pro Jahr besucht wird.
Mit der Polizei hat die Schule ab und zu Berührungspunkte, „wir fühlen uns auf jeden Fall sehr sicher“, sagt Andrea Will mit einem Lachen. Im historischen Traditionszimmer der Schule feiert die Polizei auch schon mal den Abschied einer Kollegin oder eines Kollegen, denn noch heute hat die Landwirtschaftsschule auf dem Gelände ihren Sitz. Allerdings nur noch für kurze Zeit bis sie mit in den Neubau des Technik- und Ausbildungszentrums Oberhavel in unmittelbarer Nachbarschaft einzieht – das Traditionszimmer bleibt allerdings im alten Gebäude.
Darüber freut sich auch Nadine Goodmann. Sie leitet seit 2021 das Revier Oranienburg, das einige Besonderheiten aufweist. Während andere Regionen mit einem Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben, wächst die Stadt Oranienburg und die Region konstant. In der PD Nord schrumpfen die anderen beiden Inspektionen, die PI Oberhavel wächst dagegen, das Revier Oranienburg steht bei knapp 82.000 Einwohnern, die ganze PI bei knapp 220.000, Tendenz steigend. Außerdem liegt mit dem ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen eine sehr bedeutsame Gedenkstätte im Reviergebiet, „das kann besondere Anforderungen an die Polizeiarbeit stellen, insbesondere im Umgang mit Gedenkstätten und den damit verbundenen Veranstaltungen“, sagt die 46-Jährige.
Ebenfalls im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg steht die Vielzahl an alten, nicht gezündeten Fliegerbomben, die in und um Oranienburg liegen. Während des Krieges wurde 21.300 Bomben auf die Stadt geworfen, mehr als 4000 davon waren mit einem chemischen Langzeitzünder ausgestattet, die Gefahr von Selbstzündungen der Blindgänger ist jederzeit gegeben. In seinem Gutachten kalkulierte Prof. Dr. Wolfgang Spyra (TU Cottbus) 2008 mit 326 Blindgängern, die damals noch unter der Erde lagen, alle zwei Monate wird im Schnitt einer gefunden.
Lars Borchardt fällt auch zum Bombenthema eine Anekdote ein. „Die alte PI lag fast immer im Sperrkreis und so mussten wir die immer räumen und zogen übergangsweise in das Hennigsdorfer Revier. Neben der PI lag eine Senioreneinrichtung und dann rief eine ältere Dame an und meinte: Hier ist was passiert, hier ist ja niemand mehr. Sie hatte einfach nicht mitbekommen, dass die Entschärfung ist. Dann sind wir hingefahren, haben sie schnell abgeholt und dann ging es weiter mit der Entschärfung“, erzählt er.
So hat der neue Standort eben auch den Vorteil, dass man nur noch selten im Sperrkreis liegt. Dabei gab es vor dem Umzug auch Skepsis gegenüber der Lage. „Es gab die Befürchtung, dass wenn man hier rauszieht, dass die Bürger nicht mehr zur Polizei kommen. Ich stelle aber keine Veränderung fest, wer zur Polizei kommen will, der kommt auch hierher“, sagt Lars Borchardt. Und Nadine Goodmann ergänzt: „Im Großen und Ganzen hat die Bevölkerung eher gedacht: Endlich bekommt die Polizei mal ein vernünftiges Gebäude.“
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© Landwirtschaftsschule Luisenhof des Landkreises Oberhavel Alter Klassenraum
Historische Aufnahme eines Klassenraums der Landwirtschaftsschule.
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© ISC Hauptgebäude vor Umbau 22.09.2015
Vor dem Umbau war das Hauptgebäude in einem weniger guten Zustand.
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Pressestelle PD Nord Hauptgebäude 2017
Das Hauptgebäude wurde bis 2017 für polizeiliche Belange umgebaut und saniert.
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© Landkreis Oberhavel/Irina Schmidt. Andrea Will
Andrea Will leitet seit 2021 die Landwirtschaftsschule Luisenhof des Landkreises Oberhavel.
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© MIK Nadine Goodmann
Nadine Goodmann leitet seit 2021 das Revier in Oranienburg.
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© MIK Lars Borchardt
Seit 2011 ist Lars Borchardt Leiter der PI Oberhavel.
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© Polizei Brandenburg Traditionszimmer
Das Traditionszimmer der Landwirtschaftsschule nutzt auch die Polizei für besondere Anlässe.
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© MIK Traditionszimmer
Im Traditionszimmer stehen einige tierische Exponate.
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© Polizei Brandenburg Luftbild Luisenhof 2017
1) Schulgebäude, wird derzeit zu einem Asylbewerberheim umgebaut
2) Schulgebäude
3) Einst Lehrerwohnhaus, heute Verwaltung der Landwirtschaftsschule
4) Polizei, früher Schulgebäude mit Internatszimmern
5) Polizei inklusive Gewahrsam, früher Pferdeställe
6) Polizei, früher Verwaltungsgebäude der Schule
7) Polizei (Kriminalpolizei), früher Schulgebäude OSZ
8) Ehemalige Turnhalle der Schule
Fakten zum Gebäude
Fakten | Details |
Adresse Polizeirevier | Germendorfer Allee 17, 16515 Oranienburg |
Baujahr des Gebäudes | Hauptgebäude: 1922 Nebengebäude (Kriminalpolizei): 1969 |
Seit wann von der Polizei genutzt | 2017 |
Größe der Liegenschaft | Objektfläche: 4.595 m² Grundstücksfläche: 6.500 m² |
Zahl der Büros | 106 (61 Büros PI, 45 Büros PD) |
Zahl der Polizistinnen und Polizisten | 252 (18 Revier Oranienburg, 234 PI Oberhavel) |
Vorherige Nutzung | Landwirtschaftsschule |
Quelle der Daten: BLB
Fakten | Details |
Adresse Polizeirevier | Germendorfer Allee 17, 16515 Oranienburg |
Baujahr des Gebäudes | Hauptgebäude: 1922 Nebengebäude (Kriminalpolizei): 1969 |
Seit wann von der Polizei genutzt | 2017 |
Größe der Liegenschaft | Objektfläche: 4.595 m² Grundstücksfläche: 6.500 m² |
Zahl der Büros | 106 (61 Büros PI, 45 Büros PD) |
Zahl der Polizistinnen und Polizisten | 252 (18 Revier Oranienburg, 234 PI Oberhavel) |
Vorherige Nutzung | Landwirtschaftsschule |
Quelle der Daten: BLB