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Benoist, Höcke, die Neue Rechte und die Angst vor der liberalen Demokratie

- Erschienen am 24.03.2023 - Pressemitteilung Verfassungsschutz (Meldung)

Die rassistische Ideologie beruht darauf, Menschengruppen anhand bestimmter Herkunftsmerkmale zu bilden und ihnen bestimmte - in der Regel negative - Eigenschaften zuzuweisen. Das kann bis zur Vernichtung von Menschenleben führen. 1985 wurde in Deutschland das Buch "Kulturrevolution von rechts" veröffentlicht. Autor ist Alain de Benoist. Er gilt in Frankreich und darüber hinaus als einer der maßgeblichen Vordenker und Wegbereiter der "Neuen Rechten". Zu dieser zählen insbesondere Entgrenzungsakteure wie die rechtsextremistische "Identitäre Bewegung" aber auch der rechtsextremistische Verdachtsfall "Alternative für Deutschland". Benoists Überlegungen beflügeln aber ebenso Anhänger der extremistischen alten Rechten, wie beispielsweise die Jugendorganisation der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands.
 
In seinem Buch stellt Benoist zu Beginn fest "Die alte Rechte ist tot. Sie hat es wohl verdient". Der "alten Rechten" gibt er daher den wohlklingenden "Ethnopluralismus" mit auf den Weg. Dieses Konstrukt soll scheinbar auf rassistische Hierarchiebildungen verzichten. Unter "Ethnopluralismus" wird die zwingende Notwendigkeit zur Aufrechterhaltung ethnokulturell homogener Gesellschaften verstanden, die nebeneinander koexistieren und sich nicht vermischen sollen. Im Ergebnis werden Menschen damit jedoch nach wie vor anhand ihrer Abstammung und darauf beruhender zugewiesener Merkmale kategorisiert. Und zwar in letzter Konsequenz mindestens mit dem Ziel des Ausschlusses. Der "Ethnopluralismus" ist damit lediglich eine peppig klingende Variante des Rassismus.
 
Mit dem Ethnopluralismus im ideologischen Gepäck arbeitet sich Benoist an seinem Lieblingsfeind, dem Liberalismus, ab. Diesem wohne angeblich Dekadenz inne. Der Liberalismus schaffe "nichts als Auflösung". Das mündet ganz am Ende von "Kulturrevolution von rechts" fast schon in einer programmatischen Systementscheidung, die damals noch unter dem Eindruck des Kalten Krieges stand: "Wir werden alles nur Menschenmögliche tun, um nie zwischen Ost und West, zwischen Liberalismus und Kommunismus wählen zu müssen. (...) Da sich aber der Schatten einer solchen Auseinandersetzung am Horizont abzuzeichnen scheint, müssen wir wissen, wo wir stehen. Jede Diktatur ist verächtlich, aber verächtlicher noch ist jede Dekadenz. Eine Diktatur kann uns morgen als Individuen vernichten. Dekadenz jedoch vernichtet unsere Überlebenschance als Volk." Das lässt sich so zusammenfassen: Die kommunistische Diktatur ist verächtlich, weil sie Individuen vernichtet. Verächtlicher ist die liberale Demokratie, weil sie angeblich Völker vernichtet. Benoist sieht also in der liberalen Demokratie allen Ernstes eine größere Gefahr als in der Diktatur.

Björn Höcke ist der Frontmann des völkisch-nationalistischen AfD-Lagers. Erst Anfang Februar traf er sich wieder mit führenden brandenburgischen AfD-Funktionären. Andreas Kalbitz war auch dabei. Bei Höcke finden sich relevante Versatzstücke von Benoist wieder. Unter dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erklärt er am 3. Oktober 2022 in Gera: "Der natürliche Partner für uns als Nation ... wäre Russland. (...) Es ist tragisch, dass man uns ... zwischen Ost und West zur Entscheidung zwingt. (...) Aber mit einem 'Weiter so' ... ist das unwiederbringliche Versinken in tödliche Dekadenz so sicher, wie das Amen in der Kirche. Das deutsche Volk steht an einer historischen Wendemarke. (...) Aber wenn ich mich jetzt für das deutsche Volk entscheiden müsste, zwischen dem Regenbogenimperium, zwischen dem neuen Westen, zwischen dem globalistischen Westen und dem traditionellen Osten, ich wählte in dieser Lage den Osten."